Reinhold Messner: "Es ist das schönste Gefühl, vom Berg zurückzukommen"

2021-12-13 23:29:54 By : Ms. Bessie HuangZJ

Der Südtiroler spricht über die Risiken am Berg und seine Definition von „richtigem“ Bergsteigen.

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ALPIN-Autor Andreas Haslauer traf Reinhold Messner auf Schloss Juval und fragte den Gastgeber nach dem Alpinismus damals und heute, seinem Umgang mit Ängsten und seiner Verbindung zu seinem Bruder Günther. Das vollständige Interview finden Sie in unserer Juni-Ausgabe. Auf alpin.de präsentieren wir das Gespräch als kleine Serie. Klicken Sie hier, um direkt zum zweiten Teil zu gelangen, hier finden Sie den dritten Teil des Interviews. 

Andreas Haslaueer im Interview mit Reinhold Messner. 

Herr Messner, was kann man von einem Alpinisten lernen?

Nicht um sich im Alltag zu verlieren, sondern um das zu tun, was man eigentlich lieber tun würde. Ich wäre der unglücklichste Mensch auf Erden, wenn ich ständig meine Träume aufgeben müsste. Ich habe meine Träume gelebt. Und die, die ich noch habe, verwandle ich in ein erfolgreiches Leben, im Hier und Jetzt.

Die Sterblichkeitsrate auf den Achttausendern ist so hoch, dass man statistisch gesehen eigentlich tot sein müsste.

Mehr als die Hälfte der absoluten Spitzenbergsteiger sind am Berg gestorben. David Lama, Hansjörg Auer und Jess Roskelley sind erst vor zwei Jahren gestorben.

Was haben die drei falsch gemacht? Hätten sie den Unfall verhindern können?

Sie haben nichts falsch gemacht! Das war einfach Pech. Sie hätten zu Hause auf dem Sofa bleiben können, aber das hätte beide nicht glücklich gemacht. So fanden die drei – absolute Ausnahmealpinisten – dort oben ihren frühen Tod.

Was passiert mit Menschen, die am Berg zu viel riskieren?

Meistens leben diejenigen, die sich für unsterblich halten, nicht lange. Ich hatte immer nur ein Ziel: erst überleben, dann nach Hause kommen. Es ist das schönste Gefühl, vom Berg zurückzukommen.

Die Corona-Quarantäne haben Sie mit Ihrer Lebensgefährtin Diane Schumacher verbracht. Haben Sie Ihre Südtiroler Berge vermisst?

Nein, denn in meinem Kopf habe ich alle Berge der Welt gespeichert. Vor allem die, auf denen ich schon stand. Womit ich am Anfang wirklich zu kämpfen hatte, war der Alltag. Ich bin ein Mensch, der Strukturen braucht. Also habe ich mir Aufgaben gestellt. Indem du ein neues Buch schreibst.

Worum geht es?

Über den Alpinismus im Großen und Ganzen. Es ist wahr, dass niemand auf dieser Welt das Recht hat, "richtiges Bergsteigen" genau zu definieren - ich tue es trotzdem. Schauen Sie rein: Der traditionelle Alpinismus ist ein 250-jähriger Entwicklungsprozess. Das heißt, sie basiert auf Traditionen und findet in archaischen Landschaften nach anarchischen Verhaltensmustern statt. Im Herzen bin ich ein alpiner Anarchist geblieben.

Messner feierte am 17. September 2020 seinen 76. Geburtstag und ist noch immer kein bisschen „bergmüde“.

Bitte versteh mich nicht falsch. Keine vorherige Generation von Bergsteigern, Skitourengehern und Kletterern war so fit und durchtrainiert wie die heutige. Vor jedem einzelnen ziehe ich meinen Hut. Was die Jungen und Mädchen vergessen, ist, dass Indoor-Klettern nichts mit traditionellem Alpinismus zu tun hat. Gar nichts! 

Sie klettern wie ein Affe in der Halle auf eine Palme. Auf den Achttausendern ist das heute nicht viel anders. Unterm Strich gibt es jeden Morgen ein Heer von Ärzten, Köchen und allen anderen, die damit beschäftigt sind, den Berg-Yuppies in die Schuhe zu helfen.

Wie nennt man diese Art des Bergsteigens?

Das ist kein Alpinismus, sondern eine Form des Tourismus. Davon wollen jedoch alle Weltklasse-Athleten und Extremkletterer nichts wissen. Am liebsten suchen sie anspruchsvolle und anspruchsvolle Routen auf Sechs- und Siebentausendern. Weil sie wissen, dass Hipster nicht dorthin gehen.

 Alexander Huber klettert alleine die Nordwand der Zinnen, Alex Honnold klettert den El Capitan - eine 1000 Meter hohe, senkrechte Wand im Yosemite Nationalpark. Das können nur die, über die ich in meinem neuen Buch "Grenzgang" schreibe. "Möchte" kommt darin nicht vor.

+++ Hier findest du alle unsere Bergrätsel für kluge Köpfe. +++

Text von ALPIN / Andreas Haslauer

Draußen zu sein lehrt Demut. Dazu gehört auch das Umdrehen, wenn das Risiko zu hoch ist. Reinhold Messner hat immer den richtigen Zeitpunkt erkannt. Er lebt mit der Natur, nicht dagegen.

Indoor-Klettern ist wie zwischenmenschlicher körperlich-mechanischer Kontakt mit Ki oder wie das Surfen auf einer künstlichen Welle in einer Halle, etwas passiert, unterscheidet sich aber bei weitem von der Realität, man muss Felsen riechen, fühlen, das Wetter darauf schmecken