Köln: 25-Jähriger soll Ex-Freundin und vierjährigen Sohn erstochen haben

2022-07-16 01:07:00 By : Mr. Wansheng He

Köln Vor acht Monaten entdeckten ein Schiffsführer und Spaziergänger in Köln eine Frauen- und eine Kinderleiche im Rhein. Nun muss sich der 25-jährige Ex-Freund der Frau und Vater des vier Jahre alten Kindes vor dem Kölner Landgericht wegen Mordes verantworten.

Der Angeklagte Anil G. hat die schwarze Kapuze tief in die Stirn gezogen und hält sich einen Ordner vor das Gesicht, als er von Justizwachtmeistern in Saal 210 des Kölner Landgerichts geführt wird. „Zeig dein Gesicht!“, ruft ein Mann wütend, der hinten bei den Zuschauern sitzt.

Anil G., 25 Jahre alt, ist angeklagt, eine 24-jährige Frau und deren kleinen Sohn im vergangenen November getötet zu haben. Es sind viele Freunde und Verwandte von Derya und Kian zum Prozess gekommen. So hießen die beiden. Kian war vier Jahre alt, als er mit seiner Mutter an jenem Novemberabend zum Treffpunkt mit Anil G. an den Rhein fuhr. Die Staatsanwaltschaft ist davon überzeugt, dass G. Derya unter dem Vorwand, mit ihr sprechen zu wollen, zu dem verlassenen Ort lockte, um sie dort zu töten.

Die beiden waren Schulfreunde, wurden später ein Paar. Seit März 2021 gab es beim Kölner Jugendamt ein Verfahren um Unterhaltszahlungen für Kian – der Junge war der Sohn des Angeklagten, was der aber wohl erst im vergangenen Jahr von seiner Ex-Freundin erfahren hat. Laut Anklage wollte er um jeden Preis verhindern, dass seine damalige Verlobte von dem Kind erfuhr. Er forderte die Kindsmutter demnach auf, seine Vaterschaft nicht publik zu machen, um seine Verlobte nicht zu verlieren. Das soll aber nicht der einzige Grund für seinen Entschluss gewesen sein, die Mutter und das Kind zu töten. Er wollte keinen Unterhalt für Kian zahlen. Die Staatsanwaltschaft nennt gleich drei Mordmerkmale: Heimtücke, niedrige Beweggründe und Habgier.

Auf einem Feldweg am Ufer soll er Derya und Kian mit mehreren Messerstichen getötet haben. Die Frau hatte noch zu entkommen versucht. Anil G. soll die leblosen Körper in den Rhein gebracht haben. Ermittler stellten später Blut- und Schleifspuren am Ufer fest. Während der Anklageverlesung vermeidet Anil G. jeden Blickkontakt zu Deryas Vater Esrin Seyhun, der als Nebenkläger am Prozess teilnimmt. Über seinen Verteidiger Gottfried Reims lässt der Angeklagte dem Gericht mitteilen, dass er am ersten Prozesstag keine Angaben machen wird.

Eine Polizeibeamtin berichtet im Zeugenstand, wie sie das leblose Kind damals am Ufer auf Steinen liegen sah, nachdem Spaziergänger es entdeckt, aus dem Wasser gezogen und den Notruf gewählt hatten. „Ich habe sofort angefangen, den Jungen zu reanimieren“, sagt die 30-Jährige. „Man will in so einem Moment nicht wahrhaben, dass es schon zu spät ist.“ Der Junge habe einen dicken Wintermantel getragen, seine Verletzungen sah sie erst später. Am Tag zuvor hatte ein Schiffsführer im Niehler Hafen bereits Kians tote Mutter im Wasser entdeckt. „Wir haben ihren Leichnam geborgen“, sagt eine Polizistin der Wasserschutzpolizei. Schnell sei klar gewesen: „Die Frau ist nicht freiwillig ins Wasser gegangen.“ Sie habe schwere Verletzungen gehabt.

Die Polizei hatte damals mit einem Großaufgebot nach den beiden Vermissten gesucht, nachdem sie das Auto von Deryas Schwester unverschlossen am Rhein entdeckt hatte. Mit dem Wagen war Derya zum Treffpunkt gefahren, danach hatte ihre Familie sie nicht mehr erreicht. Auf der Rückbank des Autos war Kians Kinderwagen. Vorn, neben dem Beifahrersitz lag eine Einladung für den Jungen zu einem Kindergeburtstag. Ein Polizeibeamter erzählt im Prozess, dass seine Kollegen später eine blutdurchtränkte Kindermütze auf der Wiese entdeckten. Esrin Seyhun, der Opa des Jungen, erträgt all die grausamen Details mit Fassung. Er verlässt auch nicht den Saal, als die Vorsitzende Richterin ankündigt, nun Bilder der Getöteten zu zeigen. „Ich kann ja wegschauen“, sagt der 56-Jährige. Er möchte alles erfahren, was die Ermittler zum Mord an seiner Tochter und seinem Enkel herausgefunden haben.

Mehr als 40 Zeugen sind geladen. Ein Urteil ist für Anfang September geplant.

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