Dieser Grimm-Bruder hat keine Märchen erzählt - BZ Berlin

2021-12-06 22:02:38 By : Mr. lidong chen

Nichts mit Märchen: Ludwig Emil, der jüngere Bruder von Jacob und Wilhelm, zeichnete mit spitzer Feder und Scherz am Hals.

Ohne den Kleinen hätten die gutmütigen Frauen und Hexen in den Märchen der Gebrüder Grimm wohl nie ein Gesicht gesehen. Ludwig Emil Grimm (1790-1863) zeichnete die Geschichtenerzählerin Dorothea Viehmann als liebenswerte, aber verschwommene Mutter mit spitzer Feder und einem Witz im Nacken. Mit einer der ersten Illustrationen in „Children and Household Tales“ schuf er die Vorlage für all die skurrilen alten Frauen im Märchen.

Als jüngerer Bruder der berühmten Professoren, Geschichtensammler und Wörterbuchautoren Jacob (1785-1863) und Wilhelm (1786-1859) fand Ludwig Emil lange Zeit seinen Platz im historischen Gedächtnis. Völlig zu Unrecht, wie das neue Buch „Erinnerungen eines Malerbruders“ (Die andere Bibliothek, 79 Euro) beweist.

Denn Ludwig Emil war mit Pinsel und Feder ebenso gut gewappnet. In seinen Memoiren und unzähligen Zeichnungen schuf er ein kluges und detailreiches Porträt seiner Zeit. Und bewahrt den Klatsch über Goethe, Clemens Brentano, Bettina von Arnim und Heinrich Heine bis heute.

„Er war nicht groß, aber wohlproportioniert, hatte einen kleinen Ministerbauch“, erinnert sich Grimm etwa an den Dichterfürsten Johann Wolfgang Goethe, der den jungen Ludwig Emil von klein auf förderte. Obwohl ihm das Erlernen der deutschen Sprache mit den „fiesen Buchstaben“ als Kind schwer fiel, schrieb er später viel und schreibt gerne über andere.

Er schwärmt zum Beispiel von Bettina von Arnim, die Schokolade „in einem alten Kamin“ gekocht habe. "Dann haben wir mit einem sehr liebsten Kätzchen gespielt." Die Gesellschaft der Schriftsteller schätzte Grimm sehr. Heinrich Heines Slogan „Im kalten Herzen einen verdrießlichen Sinn habend, schaue ich mürrisch in die kalte Welt“, hat er erstmals in einem Porträt des „Harzreise“-Autors festgehalten.

Mit seiner witzigen Zeichnung eines Biertrinkers im Alter von fünf Jahren hatte sich Ludwig Emil bereits als begnadeter Karikaturist beworben, der die langnasigen Witze von Wilhelm Busch lange vorwegnahm. Auf einem Bild legt er dem großspurigen Homer-Übersetzer Johann Heinrich Voss die Worte „Ich bin ein riesiger Goliath“ in den Mund.

Und übrigens eine der ersten Sprechblasen entstanden. Auch die Familie ist vor Spott nicht sicher. Sein vermutlich humorloser und kriegerischer Bruder Carl (1787-1852) erhielt als eine Art phallisches Symbol einen riesigen Federbusch auf seinem Militärhut.

Ludwig Emil selbst musste 1814 gegen den geschwächten Napoleon ins Feld ziehen. Doch selbst bei seinen Vorgesetzten in der Armee fällt er eher auf als durch übertriebenes Ehrgefühl. „Die leblosen Augen des kleinen Schweins waren vom Speck um sie herum kaum zu erkennen“, beschreibt er beispielsweise einen Leutnant.

Er fühlte sich wohler, als er mit dem Schriftsteller Clemens Brentano bis in die Nacht „austrank“. Ludwig Emil teilte seinen Ekel gegenüber den Kaufleuten ("Ich hasse dieses edle, hochmütige Geldvolk"). Unterstützt von seinen älteren Brüdern Jacob und Wilhelm hinterließ Ludwig Emil Grimm ein sehens- und lesenswertes Lebenswerk. Und hat so viel mit dem sagenhaften Ruhm seiner Familie zu tun.

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