„Macht“: Warum das Lucerne Festival mit einem Bischof wirbt - Katholische Kirche Schweiz - Religion, Politik, Gesellschaft

2021-11-16 21:46:42 By : Mr. Hank Xu

Luzern, 4. August 2019 (kath.ch) Das Lucerne Festival steht dieses Jahr unter dem Motto „Power“. Unter anderem wirbt ein Mann mit Bischofsmütze auf Plakaten für das Musikfest. kath.ch fragte, wie es dazu kam und wie das Bild zu lesen ist.

Der Kopf eines Bischofs von hinten, darüber das Wort «Macht» in Großbuchstaben. Der Kopf des Bischofs unten rechts, der Schriftzug mittig im oberen Bilddrittel.

Das Thema ziert Plakate, die derzeit in der Stadt Luzern hängen, und prangt auf dem Titelblatt des diesjährigen Lucerne Festival - einem renommierten Festival klassischer Musik, das jeden Sommer im KKL stattfindet.

Wer wie der Autor täglich über die katholische Kirche berichtet, kommt im Zusammenhang mit der aktuellen Krise der katholischen Kirche nicht umhin, an Klerikalismus und Machtmissbrauch zu denken.

Der Eindruck relativiert sich sofort, wenn man das Bild im Kontext der beiden anderen Plakatsujets sieht: ein junger, weiblicher Kopf mit Krone und ein männlicher Kopf mit Militärmütze. Beide Köpfe sind ebenfalls in der unteren rechten Ecke des Bildes platziert, jedoch von vorne gezeigt. Von jedem der drei Köpfe ist nur die obere Hälfte dargestellt.

„Die drei „Macht“-Themen spiegeln prototypische Machtschichten in der Gesellschaft wider“, heißt es in der Medienmitteilung des Lucerne Festivals zum diesjährigen Programm – nämlich Politik, Klerus und Geldadel.

Das Festival will verschiedenen Machtfragen nachgehen, zum Beispiel der Frage, wie die Machthaber das Schicksal und die Arbeit von Komponisten beeinflusst haben.

"Komponisten standen oft in Kontakt mit den Machthabern", erklärt Bettina Jaggi, Marketingleiterin des Lucerne Festival, gegenüber kath.ch. Adelige und Kirchenvertreter hatten Werke in Auftrag gegeben. Durch ihre Kraft hätten sie die Entstehung musikalischer Werke überhaupt erst möglich gemacht. „Andererseits lag es auch in ihrer Macht, die Künstler einzuschränken“.

Die Assoziation mit Klerikalismus und Machtmissbrauch sei keineswegs beabsichtigt, sagt Jaggi und stellt fest, dass die Entscheidung zu diesen Themen im Sommer 2018 gefallen sei, also vor dem Bekanntwerden der Missbrauchsstudien aus Deutschland und Pennsylvania. Man ist sich jedoch bewusst, dass das Bild mit dieser Relevanz für die aktuelle Situation gelesen werden könnte.

"Viele merken kaum, dass dies ein Bischof ist."

Die Medienwissenschaftlerin Tanja Maier schaut sich das Bild noch einmal an. Der Professor an der Universität Bremen und der Freien Universität Berlin hat den Wandel des christlichen Bildrepertoires in der visuellen Kultur von 1949 bis heute untersucht.

Sie betont, dass die Wirkung eines Bildes von unterschiedlichsten Faktoren beeinflusst wird, wie dem Produktionskontext, der Tradition des Bildes, der Gattung der Veröffentlichung und nicht zuletzt dem Wissen des Betrachters. "Viele werden kaum erkennen, dass dies ein Bischof ist, weil sie nicht katholisch sozialisiert sind", sagte Maier.

Vor dem Hintergrund der Bildtradition und der Darstellungskonventionen stellt Maier dennoch fest, dass der Bischof im Gegensatz zu den beiden anderen von hinten dargestellt wird. «Das drückt eine weltabgewandte Haltung aus.

Das ist seit etwa 1990 eine klassische Tradition der Repräsentation in der Kirche“, resümiert der Professor. Das könnte unbewusst geschehen, gerade weil es seit kurzem üblich ist, die Kirche als weltfern darzustellen.

"Die Krone und der Militärhut sind von hinten nicht leicht zu erkennen."

Dass nur der Bischof von hinten dargestellt wird, hängt laut Jaggi mit der Art der Kopfbedeckung zusammen: "Krone und Militärhut werden von hinten einfach nicht gut genug erkannt, während dies beim Pileolus der Fall ist." Beim Fest ging es um eine gewisse Abwechslung in der Präsentation, die Rückansicht funktionierte nur für den Kleriker.

Im Interview mit kath.ch geht Maier auch auf die Bildkomposition, die Anordnung einzelner Elemente ein. «Klassische Darstellungen von Geistlichen zeigen sie in der Bildmitte oder im oberen Bilddrittel. Dies drückt aus, dass diese Person viel Macht hat. "

"Religiöse Macht wird erniedrigt."

Die Darstellung wie hier am Bildrand ist jedoch mit einem Leistungsverlust verbunden. "Die religiöse Kraft der Kirche wird in diesem Bild gemindert", sagt Maier. Im Kontext aller drei Darstellungen stellt sie fest, dass es um das Spannungsverhältnis zwischen Macht und Machtverlust gehen könnte.

Zusammenfassend passt das Thema des Bischofs zum Bild der Kirche, wie es im Journalismus deutschsprachiger Zeitschriften der letzten Jahrzehnte gezeigt habe, so Maier: Die Kirche wird oft als weltabgewandt dargestellt und mit einem Leistungsverlust.

Den positiven Aspekt der Macht liest Maier in diesen Bildern nicht. Vorerst spricht sie jedoch von einer „Kultur der Überlagerung“, in der es viele Perspektiven auf Religion gibt.

Denken Sie an die Macht der Emotionen.

Das Gespräch mit Bettina Jaggi zeigt, dass bei der Wahl des Themas ganz andere Überlegungen eine Rolle gespielt haben: "Wir wollten auch etwas Politisches vermitteln, aber es sollte nicht zu politisch sein." Man dachte an die Macht der Emotionen oder die Macht der Gesten und kam dann auf Symbole wie Schmuck und Kronen auf Kopfbedeckungen.

Auch hier wollte man nicht zu konkret werden. Daher ist die Schädeldecke nicht weiß, weil das eine bestimmte Person, der Papst, gezeigt hat. Das Veilchen des Bischofs fand man schöner als das Rot des Kardinals.

Den Organisatoren des Festivals war jedoch bewusst, dass das bischöfliche Oberhaupt gemischte Reaktionen auslösen könnte. Aber auch im katholischen Luzern mit einer Auflage von 50'000 Sendungen haben sie bisher drei kritische Reaktionen erhalten. Eine minimale Zahl, wie sie zu Recht glaubt.

Hinweis: Am 2. September spricht Wolfgang Rihm, Komponist und künstlerischer Leiter der Lucerne Festival Academy, über die Kraft der Musik in ihrem Verhältnis zu Glauben, Spiritualität und Theologie. 17.15 Uhr, Universität Luzern. 

kath.ch ist ein Service des Katholischen Medienzentrums im Auftrag der Römisch-Katholischen Kirche in der Schweiz.