Uniform bedeutet Unterordnung – die Liebe zur Freiheit

2021-11-16 21:49:37 By : Ms. Susan Zhou

Uniformierte Abgeordnete werten ihre Verpflichtung gegenüber der Bevölkerung ab, wenn sie in ihrem öffentlichen Auftreten ihre Zugehörigkeit, Identifikation und vor allem Loyalität zu einer Organisation betonen, die per Definition keine „Zivilgesellschaft“ ist – sie verkörpern sie im wahrsten Sinne des Wortes das Wort militärische Interessen.

Insta sagt mehr als tausend Worte: Mitte Juni 2019 überlegen die grünen Spitzenpolitiker Cem Özdemir und Tobias Lindner, was sie mit der Europawahl-Euphorie anfangen sollen. Quovadis? Logisch, Bundeswehr. Ein inhaltlich und strategisch herausragender Zug - im Räuberschachspiel. Ihre Einschätzung der Zielgruppe, die ihnen den Stimmenzuwachs beschert hat und sich deshalb mit der Inszenierung im flecktarn einschmeicheln sollte, ist gelinde gesagt fragwürdig. Die bedrückende Schönheit der Grün-im-Grün-Bilder reiht sich aneinander und integriert die beiden in die illustre Gesellschaft: Derzeit ist bei Abgeordneten in Deutschland und einigen Nachbarländern eine zunehmende Präferenz zu beobachten, überwiegend Militäruniformen zu tragen. Dies erfordert eine Stellungnahme aus antimilitaristischer Sicht.

Ein kurzer Blick zurück in die Geschichte mag verdeutlichen, warum demokratisch gewählte Menschen die Finger von ihren Baskenmützen lassen sollten. Seit Jahrtausenden treten Herrscher und Herrscher – unabhängig von der Staatsform – in uniformen, militärischen Funktionen und damit relevanten Symbolfunktionen für die jeweilige Staats- und Gesellschaftsform auf. Historisch gesehen waren Herrscher in Mittel- und Nordeuropa oft lange Zeit Repräsentanten der Kirche(n) und traten in Ornaten oder mit deutlich sichtbaren Kircheninsignien auf. Ihre Funktion als geistliche Führerin und Vertreterin kirchlicher Werte, Normen und Interessen war ein bestimmender Faktor ihrer politischen Funktion und weitaus relevanter als die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Bevölkerungsgruppe mit spezifischen Anliegen und Bedürfnissen. Kirchenmitgliedschaft und Wehrdienst standen in engem Zusammenhang. Ebenso bedeutete ein (männliches) Mitglied der Aristokratie oft unweigerlich die Ausübung militärischer Funktionen. Das Problem dieser Regierungs- und Gesellschaftsformen liegt auf der Hand – die politische Macht liegt bei einem Körper, der klar von der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung getrennt ist. Die Teilnahme ist an die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe gebunden – dem Klerus, dem Adel, dem Militär, einer Klasse. Alle diese Gruppen sind streng hierarchisch strukturiert, historisch männerdominiert, sozial exklusiv und verfügen über ausreichende Ressourcen, um verschiedene Formen von Gewalt auszuüben.

In der neueren Geschichte sind die Regierungs- und Herrschaftsformen anders oder werden anders benannt, aber Uniformen spielen immer noch eine prägende Rolle – und irgendwie auffällig oft, wenn es um das hässlichere Handeln von Regierungen, Abgeordneten und Parteien geht. Natürlich vertreten nicht alle uniformierten Regenten faschistische Positionen und/oder diktatorische Unrechtsregime, während längst nicht alle in Anzügen, geblümten Strickjacken oder Turnschuhen friedlich und freundlich sind. Es handelt sich nicht um einen unvermeidlichen Kausalzusammenhang, sondern um einen spürbaren Zusammenhang. Egal wo man hinschaut, politisch uniformierten Herrschern und Regierungen mit einem hohen Anteil uniformierter Mitglieder geht meist kein Ruf für übertriebene Gerechtigkeit voraus - sei es Deutschland des Dritten Reiches, Italien unter Mussolini oder Spanien unter Franco, die ehemalige UdSSR, Nord Korea, oder natürlich explizite Militärdiktaturen wie in Chile unter Pinochet, der argentinischen Junta oder bis 2011 in Myanmar, die derzeitige faktische Militärdiktatur in Thailand, der ägyptische General und Präsident al-Sisi oder die südsudanesische Regierung unter Salva Kiir Mayardit. Dass die Regierungsformen in diesen Staaten noch nicht ganz auf dem Höhepunkt einer Zeit wahrgenommen werden, die den demokratischen Nationalstaat als etwas zwischen dem kleinsten Übel, dem kleinsten gemeinsamen Nenner und dem Letzten betrachtet, liegt vielleicht zumindest teilweise daran zur Uniform und was dazu gehört.

Das allgemeine Problem des Militarismus braucht hier kaum erklärt zu werden. Im Kontext zeitgenössischer Demokratien ist jedoch hervorzuheben, dass die Uniform vor allem und in hohem Maße bestimmte dem Militarismus eigentümliche Normen widerspiegelt und reproduziert: den Autoritarismus. Dies ist natürlich den genannten Demokratien in Form von Armee und Polizei innewohnend und mit der Position der Herrschenden und Abgeordneten, also der gewählten „Volksvertreter“, trotz ihrer demokratischen Basis unvereinbar Prinzipien.

An dieser Stelle sollte unterschieden werden, wer wann welche Uniform „in der Politik“ trägt. Bestimmte Regierungsvertreter haben in ihrer Funktion als Herrscher auch einen militärischen Rang, würden aber nur im Verteidigungsfall in Uniform erscheinen. In Deutschland sind das zum Beispiel der Bundeskanzler und der Verteidigungsminister als Oberbefehlshaber der Bundeswehr: Guttenberg wurde bei Truppenbesuchen oft in Uniform fotografiert, de Maizière rockt den Tarn-Fischerhut, aber keiner der Betroffenen trägt Uniformen, die ihren militärischen Rang widerspiegeln würden. Auf der anderen Seite gibt es Herrscher und Parlamentsabgeordnete, die in ihrem Beruf Uniformen einschließlich Waffen tragen oder trugen, wie zum Beispiel Angehörige der Streitkräfte (einschließlich Reservisten) oder Polizisten. In der AfD-Bundestagsfraktion gibt es beispielsweise mindestens sieben ehemalige oder aktuelle Berufssoldaten und sechs Polizisten

Sie dürfen ihre Uniform nur sehr eingeschränkt tragen. Soldatengesetz (SG) § 15 Abs. 3: „Der Soldat darf bei politischen Veranstaltungen keine Uniform tragen.“ Ausnahmen sind die angeordnete Teilnahme an der offiziellen Vertretung der Bundeswehr oder des Verteidigungsministeriums sowie der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Das heißt: Wer im politischen Umfeld in Uniform öffentlich auftritt, ist dort ausdrücklicher Vertreter der Bundeswehr. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) in Paradeuniform als Oberstleutnant der Reserve auftritt, aber anders als die anwesenden von der Leyen und Söder als Politiker praktisch nicht dabei ist

Bislang war von diktatorisch und demokratisch regierenden deutschen Ministern und Abgeordneten die Rede, die aufgrund ihres Jobs oder ihrer politischen Funktion in Uniform auftreten könnten, aber meistens nicht sollten, aber manchmal trotzdem tun. Es gibt jedoch auch andere Möglichkeiten, als Abgeordneter uniformiert zu erscheinen. Da ist zum Beispiel die Karnevalsuniform, die der rheinland-pfälzische AfD-Fraktionsvorsitzende und Oberstleutnant Uwe Junge in Form der nostalgischen Uniform mit Pickelhaube gerne trägt.3 Der österreichische FPÖ-Abgeordnete und prä-Ibiza-Innenminister Herbert Kickl wählt die Uniform des Fantasie-Innenministers. 4 Innenministeruniformen sind international (und in Bayern) offenbar häufiger anzutreffen: Dem italienischen Innenminister Matteo Salvini ist es egal, ob Polizei, Feuerwehr oder Katastrophenschutz, Hauptsache Uniform und korrekte. 5 Er darf es nicht tragen. In Italien gibt es einen Straftatbestand, der dem deutschen § 132a StGB entspricht, der das unerlaubte Tragen in- oder ausländischer Uniformen, Dienstkleidung oder Dienstabzeichen mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. Aber die Rede ist von Matteo Salvini, der sich wahrscheinlich lieber persönlich in seine Marineuniform werfen würde, um die gesetzestreue Behandlung der vor dem Ertrinken Geretteten zu demonstrieren.

Das Bundeswehrpraktikum für zivile Führungskräfte bietet nicht nur eine ausführliche Schießausbildung und schlechtes Essen, sondern auch die Chance, diesem unglücklichen Paragrafen in höchst legitimen Rahmenbedingungen vorübergehend zu entgehen. Die Grünen-Abgeordneten Cem Özdemir und Tobias Lindner nutzten die Gelegenheit, um noch einmal die positive Haltung ihrer Partei zu Bundeswehr und Militarismus zu unterstreichen, inklusive Grußworten an Papa Joschka und (von Özdemirs Seite) einer lässigen Bewerbung um das Amt des Verteidigungsministers .6

Eine andere Möglichkeit: im europäischen gibt es jetzt Parteiuniformen und uniformierte Parteien. Zum Beispiel die Goldene Morgenröte in Griechenland, die paramilitärische (inzwischen: neue) ungarische Garde der ungarischen Jobbik in Uniformen des Horthy-Regimes 7 oder die slowenische Partei Unsere Slowakei (LS-NS), die mit ihren schwarzen Uniformen denen ähnelt der faschistischen Hlinka-Guard gelehnt. 8 Sie alle ziehen es vor, in Uniform zu marschieren. Direkt vor der Tür steht die rechtsextreme Partei Der III. Away in herzerwärmendem Beige oder Oliv (optisch so nah wie möglich an Hitlerjugend und Militär). Die III. Weg kommt hier nicht ganz an die Spitze der Ungarn, da die Rechtslage in Deutschland so ärgerlich restriktiv ist, wenn es um das Tragen von Uniformen geht, wem die Uniform zusteht oder nicht. Das „Uniformverbot“ (VersammlG §3 Abs. 1) besagt: „Das Tragen von Uniformen, Uniformteilen oder ähnlichen Kleidungsstücken in der Öffentlichkeit oder in einer Versammlung als Ausdruck einer gemeinsamen politischen Überzeugung ist verboten.“ Eine Ausnahme gibt es natürlich - Bayern.

Vielleicht die III. Um seinen Wirkungskreis vollständig und ausschließlich nach Bayern zu verlegen, ist es dort auch untersagt, „an einer öffentlichen oder nichtöffentlichen Versammlung in einer Weise teilzunehmen, die dazu beiträgt, dass die Versammlung oder ein Teil davon paramilitärisch ist“ seiner äußeren Erscheinung", aber beides nur, "wenn sie eine einschüchternde Wirkung haben". Allein der Einschüchterungsfaktor von beigen T-Shirts ist eher mittelmäßig, wie die deutsche Polizei offenbar auch Ende der Nullerjahre bemerkte (Ausnahme natürlich - Bayern nur 2016); aber möglicherweise gibt es noch andere Gründe als die Farbveränderung, die zu dem immer martialischeren Gesamteindruck des letzteren beitragen. Im Falle des III. Der Rahmen ihrer Aufmärsche9, das Vorstrafenregister der Parteimitglieder oder der T-Shirt-Aufdruck „National Revolutionary Socialist“ sollen zu diesem Punkt beitragen: „Wenn der Nationalrevolutionär im Dienst ist, dann trägt er keine Freizeitkleidung, keine Werbung“ für Bands oder sonstiges, sondern nur die vorhandene Partykleidung. Je nach Wetterlage fungiert es als Reklametafel für unsere Ideologieparty mit der zur Verfügung stehenden und den Wetterbedingungen entsprechenden Partykleidung“. Für „Aktionen“ empfiehlt es sich, dem „beigen Block“ beizutreten. Diese Partei ist seit der Plauener Kommunalwahl 2019 Mitglied im Stadtrat und im Vogtlandkreis.

Es überrascht nicht, dass fast alle Vertreter des Volkes, die sporadisch oder oft in Uniform auftauchen, Männer sind. Das mag an der kostenlosen Penisvergrößerung liegen, die mit der Uniform einhergeht (oder zumindest damit verbunden ist) oder all die anderen Klischees, Hoffnungen und Spielereien, die am Gürtel des stereotypen Soldaten baumeln. In Deutschland mag es daran liegen, dass Männer, die heute über etwa 25 Jahre alt sind, mit der Normalität der Wehrpflicht aufgewachsen sind. Es liegt aber sicherlich an aktuellen politischen Tendenzen. Bei der AfD selbst ist es nicht nur der eher magere Frauenanteil. Zunehmende Vereinheitlichungstendenzen sind im Kontext des AfD-Programms und auch angesichts der Reaktion der etablierten Parteien, allen voran CDU/CSU, auf ihre Doktrinen leicht zu erklären.

Mit der aktuellen Diskursverschiebung innerhalb der Parteipolitik nach rechts und noch weiter nach rechts hat sich das ideologische Weltbild der AfD als etwas Propagierbares normalisiert. Ihr Familienkonzept und ihre Geschlechterrollenzuschreibungen sind von klischeehaftem Maskulinismus durchdrungen. Körperliche Stärke, Mut, Opferbereitschaft für traditionell nationalistische Konnotationen, Kameradschaft in Form von Korpsgeist, Durchsetzungsvermögen und Dominanz werden von Männern verlangt. Darüber hinaus wird ein starker Mangel an Zugehörigkeit suggeriert, der auf Globalisierungsprozesse, Migration und europäische Integration sowie die tabuisierte Identifikation mit Staat und Nation aufgrund einer aufgezwungenen „deutschen Schuldkultur“ zurückgeführt wird. Sich ohne Notwendigkeit und Zwang zu verkleiden spiegelt den Gegenreflex dazu: die gute deutsche Tradition von Sucht und Obrigkeitsgehorsam. Die Uniform in der Parteipolitik ist daher vor allem eines: Überkompensation.

Das Erscheinen – die unmittelbare physische Präsenz sowie die kulturelle Repräsentation (Gemälde, Fotos etc.) – in Uniform betont den gesamten Körper einer vereinsangehörigen Person als den einzig bestimmenden Faktor. Politik ist Symbolik, ist Optik, Suggestion, Demonstration, Repräsentation. Und hier zeigt sich: Was diese Person als Repräsentantin dominiert, ist nicht ihre Zugehörigkeit zur Bevölkerung als bürgerliches Ganzes und ihre Verkörperung ihrer Interessen, sondern ihre Zugehörigkeit zu einem Korps. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um Berufssoldaten und Polizisten handelt, oder tatsächlich Sozialpädagogen wie Cem Özdemir oder ehemalige Kriegsdienstverweigerer wie Tobias Lindner. Uniformierte Abgeordnete werten ihre Verpflichtung gegenüber der Bevölkerung automatisch ab, wenn sie in ihrem öffentlichen Auftreten ihre Zugehörigkeit, Identifikation und vor allem Loyalität zu einem Verein, einer Organisation oder dergleichen betonen, der per Definition keine „Zivilgesellschaft“ ist. - sie verkörpern im wahrsten Sinne des Wortes militärische Interessen.

Dieser Text von Charlotte Anders wurde vom Informationszentrum Militarisierung eV herausgegeben. Die Freiheitsliebe bedankt sich bei IMI und Charlotte für das Übernahmerecht – connect kritischen Journalismus!

1 „Recht zum Extremen im Bundestag“, in: Zeit Online, 21.09.2017, aktualisiert: 24.10.2017.

2 Pelke, Nikolas, „Herrmann kam in Uniform nach Roth“, in: Mittelbayerische [online], 19.05.2019.

3 Lindner, Christian, "Offener Brief an AfD-Chef Uwe Jung: Vorne der ehrliche Mann, direkt hinter sabbernden Brandstiftern", in: Rhein-Zeitung [online], 1.3.2017.

4 „Kickl kam in Uniform zum Ministerrat“, in: oe24 [online], 15.05.2019.

5 Reynolds, James, „Salvini trägt illegal Polizei- und Feuerwehrabzeichen“, in: BBC News [online], 7.1.2019.

6 Schulte, Ulrich und Schulze, Tobias, „Die Grünen und die Bundeswehr. „Herr Oberleutnant? „Özdemir ist genug“, Interview mit Cem Özdemir, in: taz [online], 20.6.2019.

7 Maegerle, Anton, "Rechts am Rand in Osteuropa", in: bpb.de (Webseite der Bundeszentrale für politische Bildung), 3.6.2009.

8 Werning, Heiko: „Der Trend geht zurück zur Uniform. Dann lieber nackt“, in: taz [online], 17.05.2019.

9 Krüger, Hardy und Marken, Jennifer, „Wie Neonazis den Tag der Arbeit missbrauchen“, in: Störungsmelder (Blog auf Zeit Online), 2.5.2919.

10 Partykleidung Online-Mailing des III. Pfad: https://www.materialvertrieb.de/produkt/aktionshemd-beige-fuer-maenner/.

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